Integration und Innovation - Hugenotten in Kassel

Die Residenzstadt Kassel erfuhr unter Landgraf Karl große Veränderungen. Unter seiner Initiative wurden große Bauprojekte angestoßen, die die Stadt noch heute prägen.

Die Stadterweiterung der Oberneustadt unter Landgraf Karl ist auf der Karte klar zu erkennen. Die Altstadt ist umgeben von einer Befestigungsmauer mit Bastionen. Sie ist verwinkelt und sehr uneinheitlich gebaut. Da die Stadtmauer dem Bevölkerungswachstum eine klare Grenze setzt, wird das neue Viertel außerhalb errichtet. Dabei soll die geometrische Ordnung der Architektur für eine allgemeine moralische Ordnung der Bevölkerung sorgen. (Karten und Bilder vom Stadtarchiv Kassel)

Dazu gehören der Bergpark (damals: Karlsberg) mit den Kaskaden, der Herkules, die Orangerie und die Karlsaue. Durch die „Hessische Freiheits-Konzession“ von 1685 öffnete er das Land für französische Glaubensflüchtlinge und sicherte allen, die sich hier niederlassen, insbesondere „Handwerkern und Manufakturisten“, Glaubensfreiheit, Schutz und wirtschaftliche Unterstützung zu.  Für diese wurde eigens durch den Hofbaumeister Paul du Ry die Oberneustadt mit der Karlskirche als religiöses Zentrum errichtet.   


Die hugenottischen Einwanderer prägten das gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Leben in Kassel entscheidend mit. Eine der Familien, die mit der zweiten Einwanderungswelle um 1700 nach Kassel kam, war die Familie des aus Gien-sur-Loire stammenden Tuchmachers Daniel Landré.  Die Familie, bestehend aus seiner Frau Magdeleine und den Söhnen Daniel und Théodore, wohnte zunächst in der Unterneustadt, bezog aber bald das von ihnen geplante Landré´schen Hauses an der Ecke Karlsplatz/Obere Königsstraße, einem kombinierten Wohn- und Geschäftkomplex und die daran gekoppelte Gründung einer Etamin- und Kamelotfabrik.

Der wirtschaftliche Erfolg blieb auch in den folgenden Jahren ungebrochen. Durch ein Textilprivileg des hessischen Landgrafen, das ihnen 1725 verliehen wurde, zusätzlich unterstützt, konnten sie ihren Betrieb, der 1726 bereits 41 Arbeiter beschäftigte, stetig ausbauen. Mitte des 18. Jahrhunderts betrieb die Familie Landré neben ihrer Etamin- und Kamelotfabrik noch eine Hutfabrik und beschäftigte fast 1000 Arbeiter.

Der Familie Landré gelang in Kassel ein erheblicher sozialer Aufstieg. Von ihrem Wirken und Leben in Kassel zeugt heute noch das rekonstruierte Geschäftshaus Königstraße 37/ Ecke Opernplatz. Die anderen Häuser, u.a. das Landre´'sche Haus, sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

Simon Louis du Ry (*1726 Kassel, †1799 Kassel) ist einer der bedeutendsten aus Frankreich stammenden Baumeister des Klassizismus. Er war Hessen-Kasseler Oberhofbaumeister und Architekt. In Kassel schuf er u.a. das Fridericianum, die Orangerie, den Königsplatz und die Auebrücke.
Porträt von Landgraf Karl

Luft-Bild der Oberneustadt mit Rathaus und Karlskirche im Zentrum, ca. 1940.
Luft-Bild der Oberneustadt mit Rathaus und Karlskirche im Zentrum, ca. 1940.