Der Schenkelsberg

In der grünen Großstadt Kassel glänzen nicht nur der Bergpark oder die Karlsaue. Viele Parks und Gärten in den Stadtteilen bieten Naherholung und Freizeitvergnügen. In der Hitliste der unbekannten Parks und Naturräume stellen wir Ihnen diese Grünzüge vor.

Blick auf den frühlingshaften Schenkelsberg in Oberzwehren

Einladung zum Picknick im Grünen

Bei diesem Freiraum handelt es sich nicht nur um einen Park, sondern schon um einen ganzen Landschaftsteil, den es zu entdecken gilt. Der am südlichen Stadtrand unmittelbar an der Autobahn A 44 gelegene Hügel des Schenkelsbergs erstreckt sich zusammen mit dem Erdwall über mehrere Hektar und bietet für Naturfreunde und Erholungssuchende viele Überraschungen. Verständlicherweise führt der Stadtwanderweg Kassel-Süd durch diesen reizvollen Naturraum und lädt zu einem Picknick ein.

Der Schenkelsberg in Oberzwehren bietet einen herrlichen Blick nach Kassel.

Der Schenkelsberg selbst besteht zum großen Teil aus waldartigen Flächen, einer Obstwiese sowie Hecken und Gebüschen. Die Obstwiese Schenkelsberg mit ca. 15.000 Quadratmeter Fläche ist eine der größten im Stadtgebiet. In landschaftlich reizvoller Lage erstreckt sie sich im Bereich der Kuppe des Schenkelsberges, der bereits seit sehr langer Zeit zur Anpflanzung von Obstbäumen genutzt wurde. Die schwierige Topografie und der schlechte Boden mit geringer Humusauflage sind für eine ackerbauliche Nutzung ungeeignet; die sonnige und luftige, nach Südwesten ausgerichtete Lage ist aber ideal für das Gedeihen der Obstgehölze.

Große Flächen sind inzwischen brach gefallen, mit Schlehen und anderen Sträuchern überwuchert und bieten so ideale Rückzugsräume für Flora und Fauna. In den letzten Jahren sind immer wieder junge Obstbäume nachgepflanzt worden.  Dem Charakter dieses Landschaftsraumes entsprechend werden vor allem Äpfel und Birnen als Hochstämme gepflanzt. Insgesamt stehen über 100 Obstbäume auf dem Schenkelsberg, die von allen Bürgern abgeerntet werden dürfen.

Die Vegetation des 2008 fertiggestellten Erdwalls an der A44 konnte sich natürlich entwickeln. Hier ein Bild aus dem Jahr 2014, das kleine Gewerbegebiet Thielenäcker ist noch nicht bebaut.
Blick zum Thielenäcker: Mittlerweile hat sich am Erdwall an der A44 ein üppiger Gehölzbestand entwickelt, der zum Erkunden einlädt.

Artenreicher Erdwall

Feldwege binden den Schenkelsberg an den parallel zur A 44 verlaufenden Erdwall an, der im Rahmen eines lokalen Bodenmanagements in den Jahren 2002 bis 2008 aufgeschüttet wurde und inzwischen vollständig renaturiert ist. 

Entgegen der ursprünglichen Pläne wurde die Oberfläche des Erdwalls dabei nicht mit einer Grasmischung eingesät, sondern es wurde auf die Dynamik einer natürlichen Sukzession gesetzt, d.h. hier wurde der Natur freien Lauf gelassen. Auf diese Weise entstanden je nach Hangrichtung, Höhenlage und Wasserversorgung mit der Zeit völlig unterschiedliche Vegetationsformen, die jeweils anderen Tieren Lebensraum bieten. Während sich anfangs vor allem Gräser, Kräuter und einjährige Pflanzen einstellten, hat sich inzwischen ein sehr vielfältiger Gehölzbestand gebildet, der die ursprüngliche dammartige Form des Erdwalls zumindest im Sommer kaum noch erkennen lässt.

Spazierwege und Trampelpfade führen zum Grat des Erdwalls, von dem aus man herrliche Panoramablicke in die nahe und weite Umgebung hat. Während es dort aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Autobahn entsprechend laut ist, hört man auf der dem Schenkelsberg zugewandten Seite des Erdwalls nichts mehr vom Verkehr und kann die üppige Natur ungestört genießen. Neben vielen Insekten und Vögeln, aber auch Zauneidechsen kann man hier noch auf Feldhasen und Rehe im Stadtgebiet treffen. Diese Naturnähe und die im Jahresverlauf immer wieder wechselnden Vegetationsbilder haben das über verschiedene Wegebeziehungen gut erreichbare Areal inzwischen zu einem beliebten Naherholungsraum gemacht.


Ein vielfältiges Wegenetz – hier geht es hinab zur Heinrich‐Pierson‐Straße – lädt zum Erkunden des Schenkelsbergs ein.
Lageplan Schenkelsberg mit Zugängen (rote Punkte).

Naherholung für Oberzwehrener

Der Schenkelsberg ist für Oberzwehren ein wichtiges Naherholungsgebiet. Hier unternahmen Generationen von Kindern die ersten Versuche auf Skiern und Schlitten. In Zeiten mit deutlich weniger Verkehr endete ein Rodeltag mit einer letzten Abfahrt durch die verschneite Schenkelsbergstraße bis zur Altenbaunaer Straße. 

In den 50er Jahren fanden um das 1928 errichtete Jahndenkmal große Turngaufeste statt. Der Berg war bevölkert von Hunderten Turnern aller Generationen. Von 1976 bis 2005 luden das Blasorchester und die Freiwillige Feuerwehr zum beliebten Bergfest ein. Es erstreckte sich über zwei Tage und begann traditionell mit einem Umzug vom sogenannten Dorf über die Rengershäuser Straße und den Hügelweg auf den Berg. Heute erfreuen sich die Kinder an der langen Wasserrutsche, die in den Sommerferien aufgebaut wird. 2014 war hier das Windkunstfestival mit einigen Exponaten zu Gast am Schenkelsberg; das wohl eindrucksvollste Windkunstwerk schufen die Künstler Dimitri Dimov und Lora Azza, die eine etwa einen Kilometer lange Wäscheleine spannten, an denen sich fast 500 weiße Wäschestücke im Wind bewegten.

Unterhalb des Schenkelsbergs befand sich übrigens früher ein Bunker, der im Zweiten Weltkrieg Schutz für die Bevölkerung bot. Und auf der Kuppe waren in jener Zeit sogenannte Horcher stationiert - sie sollten mithilfe spezieller Schalltrichter feindliche Flugzeuge im Anflug aufspüren. Auch gibt es noch einen Hochbehälter aus dem Jahr 1906 mit einem historischen Eingang.