Christian Geselle, 2017 bis 2023

Kassel zum „Besten Zuhause“ zu machen – mit diesem Leitmotiv trat Christian Geselle (*7.3.1976) im Jahr 2017 die Amtszeit als Oberbürgermeister seiner Heimatstadt an.

Als Krisenmanager gefordert

Christian Geselle wurde 1976 in Kassel geboren, aufgewachsen und noch heute verwurzelt ist er im Stadtteil Niederzwehren. Nach dem Abitur im Jahr 1995 absolvierte er eine Ausbildung zum Polizeibeamten. Von 1995 bis 2005 war er als Polizist in Frankfurt am Main tätig und studierte parallel dazu Jura in Göttingen. Anschließend arbeitete er als Verwaltungsjurist beim Land Hessen. Am 1. Mai 2015 wählte ihn die Stadtverordnetenversammlung zum Leiter des Dezernats Liegenschaften und Soziales, am 1. August 2015 übernahm er das Amt des Stadtkämmerers. Bei der Oberbürgermeisterwahl am 5. März 2017 setzte er sich bereits im ersten Wahlgang mit 56,6 Prozent der Stimmen gegen fünf Mitbewerbende durch.

Seine erste Bewährungsprobe im neuen Amt hatte Geselle in seiner Funktion als Aufsichtsratschef der documenta gGmbH zu bewältigen. Nachdem die 14. Auflage der Weltkunstveranstaltung im Sommer 2017 mit einem Millionen-Defizit abgeschlossen hatte, erwirkte Geselle gemeinsam mit dem Land Hessen als Gesellschafter neue personelle, organisatorische und finanzielle Strukturen für die documenta. Ein Jahr später galt es, eine Lösung im Streit um ein Außenkunstwerk der d14 zu finden: den auf dem Königsplatz verbliebenen Obelisken. Geselle präsentierte mit der Treppenstraße schlussendlich einen Standort, der bei der Stadtbevölkerung überwiegend gut ankommt.

Die Zukunft der Kreiskliniken beschäftigte Geselle und die Stadt Kassel im Jahr 2019. In einer kontrovers geführten Debatte stärkte Geselle die Position des Klinikums als Krankenhaus der Maximalversorgung und fand Zustimmung für den Vorschlag, sich von den Kreiskrankenhäusern in Hofgeismar und Wolfhagen zu trennen.

Auch in der Folge war Geselles Amtszeit von großen Herausforderungen geprägt: 2020 galt es, die Corona-Pandemie vor Ort einzudämmen und deren schwerwiegende Folgen zu bewältigen. Geselle richtete unmittelbar nach den ersten Krankheitsausbrüchen in der Region einen Verwaltungsstab ein. Bei zahlreichen Entscheidungen galt es in der Folge, die Einschränkungen für das öffentliche Leben genau abzuwägen. Die Stadt baute eine effiziente Kontaktpersonennachverfolgung und später das Impfzentrum in der Aueparkhalle sowie mobile Impfangebote auf, so dass Kassel verhältnismäßig gut durch die Pandemie kam. Zur Wiederbelebung der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens gab es verschiedene Unterstützungsprogramme wie „Kopf hoch, Kassel“ und -projekte wie „Kindern die verlorene Zeit zurückgeben“. In dieser Zeit wirkte Geselle auch als Präsident des Hessischen Städtetags und war damit mittelbar in die Entscheidungen der Landesregierung eingebunden.

Beim Ukraine-Krieg mit seinen unmittelbaren Auswirkungen auf die Kommunen - wie der kurzfristigen Unterbringung und späteren Integration der Geflüchteten sowie der Energiekrise - agierte Geselle im Frühjahr 2022 erneut souverän als Krisenmanager.

Weltweit in die Schlagzeilen geriet die Stadt beim Antisemitismus-Skandal der documenta fifteen im Jahr 2022. Geselle betonte in der anschließenden Debatte um die Neustrukturierung der documenta vor allem die Position der Stadt: Deren Einfluss als Gesellschafter dürfe nicht geschmälert und der Austragungsort der Weltkunstausstellung nicht in Frage gestellt werden.

In Geselles Zeit als Kämmerer konnte die Stadt Kassel fast 200 Millionen Schulden abbauen, die Rücklagen deutlich vermehren und mehrere Gewerbesteuer-Einnahmerekorde verzeichnen. Geselle war es ein wichtiges Anliegen, städtische Mittel für die Infrastruktur der Stadt zu nutzen: Besonders lag ihm der Ausbau der Kita-Betreuungsplätze und die Sanierung der Kasseler Schulen am Herzen. Mit dem „Kasseler Modell“ ging die Stadt dabei neue Wege. Im vom Bund geförderten Smart City-Projekt brachte Geselle eine Strategie für die digitale Stadt der Zukunft ein, die für mehr Miteinander und soziale Teilhabe steht. Ale Beitrag zur Mobilitätswende stellte er 66 Millionen Euro für die Radinfrastruktur in den Haushalt ein. Zudem setzte er sich mit vielen Maßnahmen für die Förderung der Wirtschaft, der Kultur und des Sports ein.

Einer seiner letzten Termine als Oberbürgermeister war die Wiedereröffnung der Kasseler Schleuse nach fast sieben Jahren im Juni 2023. Ein Projekt, für das sich Geselle seit Beginn seiner Amtszeit stark gemacht hatte.

Im Herbst 2022 bewarb sich Christian Geselle für eine zweite Amtszeit als Oberbürgermeister. Bei der Wahl im März 2023 holte er mit 31,5 Prozent die meisten Stimmen, überraschte aber noch am Wahlabend mit der Nachricht, zur Stichwahl nicht mehr antreten zu wollen. So endete Geselles Amtszeit am 21. Juli 2023. Sein Nachfolger wurde Dr. Sven Schoeller als erster grüner Oberbürgermeister der Stadt Kassel.