Albert Westerburg, 1893 bis 1899

Im Jahre 1899 endete vorzeitig die offizielle Amtszeit des Oberbürgermeisters Albert Westerburg (27.3.1846 bis 4.7.1903), für viele allerdings nicht unerwartet: Nach längerer Erkrankung hatte dieser sich genötigt gesehen, zum 1. Januar 1900 seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen.

Albert Westerburg (1892)

Ohne weiteres entsprachen die städtischen Körperschaften diesem Antrag.

Erster Träger der goldenen Amtskette

"Nervöse Erregungszustände" waren es, die den 1846 im Nassauer Land geborenen Juristen während seiner Amtszeit zu schaffen machten. Nachdem sich das Leiden zusehends verschlimmert hatte, war schließlich eine intensive Behandlung in einer Heilanstalt unausweichlich notwendig geworden. In geistiger Umnachtung starb Westerburg am 4. Juli 1903 in Godesberg am Rhein.

Seine Tätigkeit als Stadtoberhaupt von Kassel hatte Westerburg im Februar 1893 aufgenommen. Ihm ging der Ruf voraus, ein tüchtiger Kommunalbeamter zu sein und das bestätigte sich auch in Kassel.

Seine Amtszeit im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts fiel in eine Zeit allgemeinen wirtschaftlichen Wachstums. 1890 zählten die Statistiker im Kasseler Stadtgebiet 72 000 Menschen, im Jahre 1900 wohnten hier 103 000 Personen.

Auch diese enorm gestiegene Einwohnerzahl ist ein Indiz für die lebhafte industrielle und bauliche Entwicklung jener Zeit. 1891 entstand das Elektrizitätswerk an der Neuen Mühle. Seitdem brannten in Kassel elektrische Straßenlaternen, Pferdebahnen wurden durch elektrische Straßenbahnen ersetzt. 1892 wurde die "Fabrik des Casseler Hafer Cacao" gegründet, deren Kakao-Würfel (eine Art Powerriegel) Jahrzehnte hindurch von Kindern und Sportlern geschätzt wurden. Das Gaswerk der Stadt wurde 1894 im Betrieb genommen, 1895 der Hafen für die Fulda-Schifffahrt eröffnet. 1897 errichteten die Brüder Adam und Konrad Credé eine Eisenbahnwagen-Fabrik in Niederzwehren, während bei der alteingesessenen Firma Henschel kurz darauf bereits die 5000. Lokomotive produziert wurde. Mit der baulichen Expansion dieser Zeit entstanden übrigens auf Straßen und Plätzen auch viele Bedürfnisanstalten. Im Volksmund erhielten sie nach dem amtierenden Oberbürgermeister die Bezeichnung "Westerburgen".

Westerburg war der erste Kasseler Oberbürgermeister, der eine goldene Amtskette trug. Ihm war durch Verordnung vom 15. September 1897 die Befugnis verliehen worden, "bei geeigneten Gelegenheiten die goldene Amtskette zu tragen". Offenbar wurde diese Berechtigung erst nach einer gewissen Zeit erteilt. Denn Westerburgs Nachfolger erhielt erst fünf Jahre nach Amtsantritt die Berechtigung, die goldene Amtskette zu tragen. Dementsprechend wird in Berichten über die Einweihung unseres Rathauses im Jahre 1909 ausdrücklich erwähnt, dass der Oberbürgermeister bei dem Festakt "die schwere goldene Amtskette" getragen habe, was also damals noch besonders erwähnenswert schien.

Am Ende seiner Amtszeit und bei seinem Ableben wurde von allen Seiten anerkannt, dass Albert Westerburg sich bleibende Verdienste um das Wohl der Stadt erworben habe.

Ihrem früheren Oberbürgermeister verdankt die Stadt Kassel aber auch eine erwähnenswerte Stiftung. Diese bezweckte die finanzielle Unterstützung eines Kasseler Studenten, der Jura studieren wollte. Allerdings hat schon die Inflation in den zwanziger Jahren die Stiftung ausgezehrt.

Die Erinnerung an Albert Westerburg hält auch eine Straße im Vorderen Westen wach, die zwischen Goethestraße und Luisenstraße verläuft. Dass in der Amtszeit Albert Westerburgs der Kasseler Hafen eingeweiht wurde, nahm der im Fuldahafen beheimatete Yacht Club Kassel im Jahre 1997 zum Anlass, sein Schulungsboot auf den Namen "Albert Westerburg" zu taufen.