Katrine Engberg: Glutspur - Die Wurzeln des Schmerzes. Der erste Fall für Liv Jensen
Ein Tipp von Christine Rettig
Der Suizid eines Straftäters vor einigen Monaten, der kürzliche Mord an einer Museumsangestellten und der drei Jahre zurückliegende Mord an einem Journalisten, was haben diese Fälle miteinander zu tun?
Der Auftakt dieser neuen Krimi-Reihe wird aus den Perspektiven dreier Personen erzählt. Erstens von Hanna Leon, deren Zwillingsbruder Selbstmord beging und die verstehen möchte, wie es dazu kommen konnte. Zweitens von Automechaniker Nima, der verdächtigt wird, seine Ex-Geliebte umgebracht zu haben. Und drittens von Liv Jensen, einer ehemaligen Polizistin, die jetzt als Privatdetektivin arbeitet.
Durch einen ehemaligen Kollegen wird Liv Jensen auf den 3 Jahre zurückliegenden Fall eines ermordeten Journalisten angesetzt, welcher bislang nicht aufgeklärt werden konnte. Während ihrer Ermittlungen stößt Liv auf die oben erwähnten weiteren Fälle, die auf den ersten Blick scheinbar gar nichts miteinander zu tun haben, aber doch zusammenhängen und deren Wurzeln bis in den 2. Weltkrieg zurückreichen…
Spannender Auftakt einer neuen Krimi-Reihe aus Dänemark mit interessanten Charakteren.
Standort: In der Zentralbibliothek (Untergeschoss, Spannung, Signatur: Eng 6). Auch als kostenpflichtiger Bestseller entleihbar.
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Tipps der letzten Monate
Jonathan Garfinkel: Platz der Freiheit
Gary, ein amerikanischer Student kommt in den siebziger Jahren mit einem Stipendium nach Moskau, um dort russische Literatur zu studieren. Dort freundet er sich mit dem charismatischen Aslan und dem hünenhaften Zaza aus dem Kaukasus an. Mit der temperamentvollen Anna aus Litauen beginnt Gary ein kurzes Liebesverhältnis, doch Anna entscheidet sich letztendlich für Zaza. Der zweite Akt springt in die neunziger Jahre nach Tiflis in Georgien und begleitet die junge Performance-Künstlerin Tamar während der politischen Transformation in der postsowjetischen Ära. Sie ist bei Adoptiveltern aufgewachsen, weiß aber, dass ihre Mutter Anna und ihr Vater Zaza heißen. Was aus ihren Eltern geworden ist bleibt ein Geheimnis. Im dritten Akt tritt Rachel Grabinsky, eine kanadische Intellektuelle und politische Aktivistin mit litauischen Wurzeln in Tamars Leben. Tamar folgt ihrer Mentorin Rachel nach Kanada und wird dort eine Zeit leben und arbeiten.
Alle Personen des Romans sind von ungeklärten Rätseln umgeben, die mit lang zurückliegenden Ereignissen zusammenhängen. Tamar und Joseph, der Sohn von Rachel, werden im weiteren Verlauf nach Georgien reisen, um Licht in das Dunkel der Geschehnisse zu bringen. Dort kommt es zum actiongeladenen Showdown und zur Aufklärung der Familiengeheimnisse.
Der surrealistische von Humor und Spannung geprägte Roman mit einer bunten und actionreichen Handlung hat mir das Land Georgien, mit seiner ausgeprägten Schönheit und seinen unklaren, teils chaotischen, politischen Verhältnissen sehr viel nähergebracht. Ein beeindruckender Roman vom kanadischen Autor Jonathan Garfinkel, der zur Zeit in Berlin lebt.
Ein Tipp von Ute Lambrecht
Standort: In der Zentralbibliothek (Untergeschoss Romane und Erzählungen, Signatur: Gar 2)
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Antoine Laurain: Das Glück im Sternbild Zebra
Xavier ist Immobilienmakler in Paris und er hat sich noch nicht so recht an sein Leben als geschiedener Mann gewöhnt. Aus einer von ihm verkauften Wohnung soll er einen mit Lederriemen ausgestatteten schweren Kasten abholen, den offensichtlich niemand vermisst. Zusammen mit einem befreundeten Antiquitätenhändler kann er den Kasten öffnen. Es befindet sich ein Teleskop darin, ein sehr altes Teleskop mit einer Inschrift: Guillaume Le Gentil.
Der Astronom Le Gentil war ein französischer Wissenschaftler, der nach Indien aufbrach, um den Venustransit zu beobachten, einem astronomischen Phänomen, bei dem der Planet Venus vor der Sonne vorbeizieht. Xavier behält das Teleskop und beobachtet eine schöne Frau in ihrer Wohnung und entdeckt in deren Wohnzimmer ein Zebra. Der Zufall will es, dass er diese Frau kennen lernt. Alice Capitaine ist Tierpräparatorin und sie möchte ihre Wohnung verkaufen.
Antoine Laurain verbindet in seinem Roman zwei Zeitebenen: Einmal in der Vergangenheit die Geschichte der langen und gefährlichen Reise von Guillaume Le Gentil, der sich 1761 aufmachte, um die Venuspassage zu beobachten und astronomische Werte festzuhalten. Zum anderen in der Gegenwart mitten in Paris des 21. Jahrhunderts.
Der Roman ist geschickt eingefädelt und reizend erzählt, eine charmante Liebesgeschichte!
Ein Tipp von Sabine Koch
Standort: In der Zentralbibliothek (Untergeschoss Romane und Erzählungen, Signatur: Lau 4)
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Riley Sager: Hope's End
1929 erschüttert eine schreckliche Bluttat ganz Maine. Die 17-jährige Lenora Hope wird verdächtigt, ihre Eltern und ihre Schwester grausam ermordet zu haben. Sie streitet die Tat jedoch vehement ab. Erst als fast fünfzig Jahre später die junge Pflegerin Kit nach Hope's End, den Familiensitz und Schauplatz der Tragödie, kommt, scheint sich das Geheimnis um die grausamen Morde zu lüften. Denn Lenora Hope, die nach einem Schlaganfall nur noch mithilfe einer Schreibmaschine kommunizieren kann, will Kit die ganze Geschichte erzählen. Doch Kit begreift schnell, dass sie niemandem trauen kann. Und schon bald weiß sie, dass sie in tödlicher Gefahr ist…
In seinem neuesten Roman „Hope's End“ schafft es Riley Sager erneut eine unglaublich spannende, düstere und mysteriöse Stimmung zu schaffen, so dass dem Leser oft der Atem ausbleibt. Dieses Buch ist so voller unerwarteten Wendungen, dass man nach kurzer Zeit nicht mehr weiß wer Freund oder Feind ist. Und wenn man denkt, man hätte es durchschaut, kommt es doch ganz anders als man dachte...
Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und handeln schlüssig und glaubhaft. Ich konnte das Buch nur schwer zur Seite legen, da ich unbedingt wissen wollte wie es weiter geht.
Ein Tipp von Dana Steinecke
Standort: In der Zentralbibliothek (Untergeschoss, Spannung, Signatur: Sag 1) in der Stadtteil- und Schulbibliotheken Niederzwehren und als eBook in der Onleihe.
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Jørn Lier Horst: Wisting und die Tote am Wegesrand
Der norwegische Kommissar William Wisting bekommt per E-Mail eine Suchanfrage von der Australierin Michelle. Sie vermisst eine norwegische Bekannte, mit der sie sonst täglich über das Internet kommunizierte, von der sie aber seit zehn Tagen nichts mehr gehört hat. Die norwegische Bekannte, von der Michelle nur den Usernamen „Astria“ weiß, beteiligte sich auf einer von Michelle eingerichteten sogenannten Crowdsolving-Plattform als Hobby-Ermittlerin an der Suche nach dem Mörder der australischen Rucksacktouristin Ruby - einer Freundin von Michelle. Ruby wurde vor etwas mehr als einem halben Jahr auf ihrer Europareise in dem kleinen Küstenort Palamos im Nordosten Spaniens von einem Unbekannten ermordet.
Erst nimmt Kommissar Wisting das alles nicht so ernst. Seine Tochter meldet ihn auf der Crowdsolving-Plattform an. Als dann aber ein spanischer Lieferwagen aus Palamos verlassen im verschneiten Larvik mit einer Leiche im Kofferraum gefunden wird, beginnt William Wisting zu ermitteln…
An Autor Jørn Lier Horst gibt es weiterhin kein Vorbeikommen, wenn man über erstklassige skandinavische Kriminalromane spricht. Er selbst war viele Jahre als Hauptkommissar im Einsatz.
Ungewöhnlich an diesem Krimi ist die Tätersuche durch die Crowdsolving-Plattform. Hobbyermittler weltweit diskutieren den Fall der getöteten Touristin Ruby und tragen Hinweise zur Tat zusammen.
Von der Reihe um Kommissar Wisting gibt es schon mehrere Bücher, einige wurden verfilmt.
Ein Tipp von Sabine Koch
Standort: In der Zentralbibliothek (Untergeschoss, Spannung, Signatur: Hor 5) und in den Stadtteil- und Schulbibliotheken Niederzwehren, Waldau, Oberzwehren.
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Julia Haart: Un-verhüllt
Mit über 40 ein ganz neues Leben beginnen, die ersten Schritte in die Welt machen, sich einen neuen Namen geben, eine Luxus-Schuhmarke begründen und dass, obwohl man zuvor ein fest eingebundenes Mitglied einer ultraorthodoxen jüdischen Gemeinde war? Was wie ein Märchen oder eine ungewöhnliche Form des American Dream klingt, ist Modedesignerin Julia Haart gelungen. Sie schaffte es trotz größter Repressionen seitens ihrer Glaubensgemeinschaft, das Leben zu führen, nachdem sie sich Geheimen zutiefst gesehnt hatte. Anfangs heimlich, versteht sich natürlich.
Bereits als Jugendliche liebte sie Mode und Design, doch die strikten Regularien, die mit dem Leben als ultraorthodoxe Jüdin einhergehen, boten ihr nicht viel Spielraum für kreative Gestaltung von Kleidung und Accessoires. Ohne den Schejtl, die traditionelle Perücke verheirateter Frauen, unter Menschen gehen? Röcke, die oberhalb des Knies enden? Oberteile, die nicht Schlüsselbeine und Ellbogen bedeckt halten? Undenkbar!
Zur Verwirklichung ihres Traums lebte sie viele Jahre lang ein strapaziöses Doppelleben, in dem sie neben der Rolle der tugendhaften Hausfrau und vierfachen Mutter, gefangen in einer arrangierten Ehe mit einem Mann, für den sie keine Gefühle mehr hegte, 20 Stunden pro Tag arbeitete, um ihre Marke zu etablieren. Doch anstatt sich zu beklagen, verfolgte sie zielstrebig ihren Traum, von dessen Erfüllung ihre Zukunft und die ihrer Kinder abhängt: ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung, gegen soziale Kontrolle und selbstauferlegte Zwänge.
Dieses Buch ist keine Anklageschrift, sondern ein Zeugnis von Selbstbehauptung und eisernem Willen. Zudem ist Julia Haart eine wirklich brillante Erzählerin, die im Rückblick über ihr altes Ich lachen kann und nebenbei viele urkomische Anekdoten einzubinden weiß, sodass die Story vor unnachahmlicher Situationskomik sprüht. Ein Buch für alle, die an außergewöhnlichen Lebensgeschichten interessiert sind und natürlich ebenso lesenswert für Fans der Serie „My Unorthodox Life“.
Ein Tipp von Ann-Kristin Kemna.
Standort: In der Zentralbibliothek als Buch (Untergeschoss, Biografien, Signatur: B 30 Haa)
Medien werden auf Wunsch an den Standort Ihrer Wahl transportiert.
Thor Hanson: Von schrumpfenden Tintenfischen und windfesten Eidechsen
Was macht die weltweite Klimaerwärmung mit den Tieren und Pflanzen auf der Erde?
Der Umweltbiologe Thor Hanson beschreibt in seinem Buch anschaulich, wie die Arten in verschiedenen Regionen der Welt auf die veränderten Verhältnisse infolge des Klimawandels reagieren.
Einen Schwerpunkt bilden dabei die Neuenglandstaaten mit Vermont, der Heimat des Autors. So ziehen die Mauerschwalben vermehrt gen Norden an die im Sommer kühlere Westküste. Die heimischen Braunbären lassen am Studienort in Kanada nach und nach die Lachse in den Flüssen links liegen, denn für sie sind die frühreifen Holunderbeeren als Nahrung nun reizvoller.
Meerestiere wie Seesterne können aufgrund der Erwärmung in den Meeren aussterben und deren Hauptnahrung wie Miesmuscheln können sich dafür rasant vermehren. Auf diese Weise können ganze Ökosysteme zum Erliegen kommen.
Naturwissenschaftlich Interessierte erfahren nebenher so einiges über die Rolle des Kohlendioxids beim Klimawandel, über die aufwändige Forschungsarbeit der Klimaforscher und wie weit sich aufgrund heutiger Ergebnisse Prognosen für die Tier- und Pflanzenwelt an bestimmten Orten treffen lassen.
Hansons Buch ist ein flüssig geschriebenes Werk für Naturfreunde und insbesondere für an der Klimaforschung Interessierte. Es ist eine gelungene Mischung aus persönlichen Naturbeobachtungen und Forschungen des Naturschutzbiologen und wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Es wurde von der New York Times für das beste Wissenschaftsbuch 2023 nominiert.
Ein Tipp von Hendrik Bühnemann
Armin Schmitt: Großartige Giganten. Den letzten Geheimnissen der Dinosaurier auf der Spur
Die Welt der Saurier scheint den meisten von uns unermesslich weit in der Vergangenheit zu liegen, ist den Menschen nur aus Exponaten in Museen oder von mehr oder weniger akkuraten Darstellungen der Popkultur bekannt. Umso erstaunlicher mutet es an, wenn man sich die zeitlichen Dimensionen verdeutlicht, die die Herrschaft der Dinosaurier umfasst: erdgeschichtlich betrachtet sind wir Menschen dem Tyrannosaurus näher als der „König der Tyrannenechsen“ dem Oberjura, in dem Stegosaurus lebte!
Es wird also Zeit, sich auf eine spannende Entdeckungsreise in ebenjenes „Land vor unserer Zeit“ zu begeben. Auch Mitten in Deutschland war es wild: unzählige Urtiere haben ihre Spuren hinterlassen. Neben dem weltberühmten Superstar-Fossil Archaeopteryx aus Solnhofen stellt Autor Armin Schmitt auch die mannigfaltigen Saurierfährten im niedersächsischen Münchehagen vor, die jedes Jahr aufs Neue viele Menschen begeistern. Denn Armin Schmitt ist eine Koryphäe der Paläontologie und weltweit für sein Fachgebiet im Einsatz unterwegs. Sei es auf den abgelegensten Schotterpisten Argentiniens auf der Suche nach fossilen Überresten oder in der Wüstenwelt Nevadas, wo man ironischerweise ausgerechnet den wasserbewohnenden Ichthyosauriern auf die Spur kommen kann. Unverblümt berichtet er aus der internationalen Forschungspraxis anhand von vielen anschaulichen Beispielen.
Lernen Sie Borealopelta, die erstaunlichste Dinosauriermumie der Welt, kennen. Gerade wegen seiner verschlafen wirkenden Optik ist das perfekt erhaltene Fossil auch als Dornröschen unter den Dinos bekannt. Finden Sie zudem heraus, wie man Steißhühner dazu bringt, Bewegungsmuster zu erlernen, die ihren prähistorischen Vorfahren dabei geholfen haben, die ersten Flugversuche zu unternehmen. Erfahren Sie zudem neue Erkenntnisse darüber, warum Spinosaurus eben kein überdimensionierter Molch war und was sein Rückensegel über die Wasserergonomie dieses so seltsamen wie schaurig schönen Wesens verrät. Und natürlich wird auch der wichtigsten Frage überhaupt auf den Grund gegangen: wer hätte sich im titanischen Kampf Spinosaurus vs. Tyrannosaurus als Sieger behaupten können?
GROSSARTIGE GIGANTEN ist zwar der Titel des Sachbuchs, doch Armin Schmitt lehrt uns, dass gerade auch die kleinen und winzigen Funde, sei es ein Knochenfragment oder ein Einschluss im Bernstein, zu bahnbrechenden neuen Erkenntnissen führen können. Und nicht zu vergessen: die Dinosaurier waren nicht alle sämtlich groß und gewaltig. Sondern auch winzig klein wie Microraptor, ein gefiedertes Leichtgewicht, das Schätzungen zufolge weniger als 1 kg gewogen haben soll. Daher wird die vielleicht wichtigste Erkenntnis aus diesem Buch vermutlich sein, dass die Dinosaurier gar nicht so ausgestorben sind, wie es immer den Anschein hat, sondern noch direkt unter uns weilen – mal größer, mal kleiner, mal flauschig, mal wehrhaft, aber stets mit einer gehörigen Portion Intelligenz ausgestattet -in Gestalt der Vogelwelt, wie wir sie kennen. Nehmen Sie sich also ruhig etwas Zeit, wenn Sie demnächst die Chance haben, die Dinosaurier der Moderne in freier Wildbahn zu erleben: es können die Spatzen im eigenen Garten, die Tauben am Bahnhof oder die Elstern im Stadtpark sein.
Ein Tipp von Ann-Kristin Kemna
Tim Frühling: 111 Orte in der Rhön, die man gesehen haben muss
Ein Gebirge, drei Bundesländer!
Entdecken Sie die Schönheit des Landes der offenen Fernen mit seinem Wechsel aus dichten Wäldern und lichten Weiden. Früher bettelarmes Bauernland, zieht das Biosphärenreservat heute Naturliebhaber aus ganz Deutschland an. Der Bischofssitz Fulda, die Festspielstadt Bad Hersfeld, das Staatsbad Kissingen und die Theaterstadt Meiningen rahmen das grüne Herz Deutschlands ein. Beiderseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs gibt es viel zu entdecken!
Der bekannte hr-Moderator nimmt Sie mit auf eine Reise in die Rhön: Neben bekannten Klassikern wie Fulda und der Wasserkuppe werden u.a. der Forstbotanische Garten Wasungen, die uralte Dorflinde in Schenklengsfeld und das Hotel Fronfeste in Meinigen, ein ehemaliges Gefängnis, vorgestellt. Reihenüblich enthalten alle Ortsbeschreibungen die genaue Adresse, Tipps zur Anfahrt und, soweit vorhanden, Internet-Adressen.
111 Entdeckungen fast vor Kassels Haustür. Viele der Ziele lassen sich mit dem 49-Euro-Ticket und dem ÖPNV entdecken.
Ein Tipp von Knut Hoffmann
Taylor Jenkins Reid: Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Die einstige Hollywood-Filmikone Evelyn Hugo ist endlich bereit die Wahrheit zu erzählen, die jeder schon auf seine Weise zu wissen glaubt.
Sieben Ehen, sieben Männer.
Ein Leben in der Öffentlichkeit, immer im Rampenlicht und doch von Geheimnissen umgeben.
Während des gesamten Buches stellt Evelyn Monique, der unbekannten Reporterin, die sie gebeten hat, ihre Lebensgeschichte zu schreiben, mehr oder weniger ihre Seele bloß. Als berühmte Schauspielerin sind Evelyns Erinnerungen pikant und voller Dramatik, verborgener Schmerzen und geheimer Triumphe und vor allem ihre sieben Ehen – keine davon die verborgene Liebe ihres Lebens. Trotz der Vorurteile, die über sie kursieren und der Schnipsel von Klatschartikeln, die zeitweise im Buch angeordnet sind, schämt sich Evelyn in keiner Weise und schafft diese unglaublich starke, feministische Atmosphäre. Reid verwandelt Fiktion in Sachliteratur; man vergisst, dass man liest und es fühlt sich an, als würde man im Supermarkt in der Schlange stehen und die neuesten schockierenden Promi-Nachrichten auf dem Cover einer Zeitschrift ansehen.
Ein wundervoller Roman im Interview-Format, der von seiner Aufmachung her sehr an allseits bekannte Schauspiel-Ikonen der damaligen Zeit erinnert. Sehr empfehlenswert!
Ein Tipp von Seline Aderhold
Caroline Ring: Wanderer zwischen den Welten - was Vögel in Städten erzählen
Die Biologin Caroline Ring hat ganz Deutschland bereist, um der Vogelwelt in urbaner Umgebung auf die Spur zu kommen und dabei ganz erstaunliche Erkenntnisse gewonnen, die sie in ihrem Sachbuch "Wanderer zwischen den Welten - was Vögel in Städten erzählen" offenlegt. Hätten Sie vermutet, dass Berlin die Hauptstadt der Nachtigallen ist und sich dort so viele Vogelarten tummeln wie fast nirgends sonst in der Bundesrepublik?
Die Autorin nimmt uns auf vielfältige Expeditionen in deutsche Städte mit, von beschaulich bayrisch wie Bamberg bis monumental-mondän wie München und zeigt deutlich, dass die vielbeschworene Wildnis, nach der es uns verlangt, nur allzu oft in der verborgenen Welt direkt hinter dem eigenen Wohnraum beginnt. Kommt es nicht einer Ironie gleich, dass sich viele über den Mangel an ornithologischen Eindrücken in der angeblichen urbanen Einöde beklagen, aber weder Auge noch Ohr auf die versteckten Schönheiten richten, die sie unmittelbar umgeben? Der Gesang einer Amsel, der Blick eines Rotkehlchens, aus dem die Weisheit der Welt spricht oder der flüchtige Anblick einer Gruppe Spatzen, die davonstiebt – gerade im Alltäglichen offenbart sich die überraschende Lebenswelt der Vögel in unserer unmittelbaren Nähe.
So vielfältig und verschieden wie die Städte präsentieren sich auch die gefiederten Protagonisten: vom vorwitzigen Grünspecht, der in Mainz als Nemesis der Fassaden fungiert, bis zu Uhubabys, die unter dem tausendjährigen Rosenstock des Hildesheimer Doms flanieren und mit ihren aberwitzigen Versteckspielen den ganzen altehrwürdigen Ort in Atem halten. Und nicht zuletzt schildert Caroline Ring Begegnungen mit Menschen, deren engagierter Einsatz für die Vogelwelt den Leser gleichermaßen tief beeindruckt und berührt zurücklässt, sei es nun für bekannte „Allerweltsvögel“ wie den pfeilschnellen Mauersegler oder den vom Aussterben bedrohten urigen Waldrapp. Ein zauberhaftes Buch, bei dem sowohl Fakten als auch das Erzählerische nicht zu kurz kommen und geschickt miteinander vereint werden.
Ein Tipp von Ann-Kristin Kemna
Antti Tuomainen: Der Kaninchen-Faktor
Henri Koskinen ist Versicherungsmathematiker, er berechnet seit Jahren Statistiken jeglicher Art für Versicherungen. Mit der modernen Personalführung seines neuen Chefs und dessen Team-Building-Maßnahmen kommt er nicht klar. Vor die Wahl gestellt, im Keller ein Minibüro zu haben oder zu gehen, kündigt Henri. Vergeblich sucht er einen neuen Arbeitsplatz, denn Versicherungsmathematiker wie er werden nicht mehr gebraucht. Dann steht auch noch ein Anwalt vor seiner Tür, der ihm mitteilt, dass sein Bruder verstorben ist und ihm seinen Abenteuerpark hinterlässt.
So wird der Versicherungsmathematiker Henri Koskinen Abenteuerparkbetreiber. Und damit fangen für Henri die Probleme so richtig an. Denn schnell wird ihm klar, dass etwas mit den Finanzen des Parks nicht stimmt. Auch das Parkpersonal hat einige Eigenheiten. Es dauert nicht lange, da stehen zwei dubiose Gestalten in seinem Büro und verlangen, dass Henri die Schulden seines Bruders an sie zurückzahlt. Und zur Untermauerung ihrer Forderungen zeigen sie Henri, was mit demjenigen passiert, der seine Schulden nicht zahlt. Zu allem Überfluss interessiert sich auch die Polizei für seinen Abenteuerpark. Dass Henri sich auch noch in Parkmitarbeiterin Laura verliebt, vereinfacht seine Situation nicht.
Antti Tuomainen, einer der angesehensten und erfolgreichsten finnischen Schriftsteller und ausgezeichnet mit dem Clue Award, dem finnischen Krimipreis, schafft es, aus einer einfachen Situation einen skurrilen, aber unterhaltsamen Spannungsroman zu kreieren, der auch immer etwas Komödiantisches enthält. Der Roman war Nr. 1 in Finnland. Für Freunde des schrägen finnischen Humors.
Ein Tipp von Sabine Koch
Karen Duve: Sisi
Kein Pferd ist zu wild, kein Sprung zu gefährlich, kein Wald zu unwegsam für Kaiserin Elisabeth von Österreich, Königin von Ungarn!
Karen Duve präsentiert uns in ihrem Roman eine gereifte, ungestüme Sisi: eine gewiefte Ränkeschmiedin weitab des klassischen Bildes der naiven, verzärtelten Kaiserin, die weder unstandesgemäßen Umgang mit nichtadeligen Personen wie Zirkusreiterin Elisa und Jagdführer Bay Middelton fürchtet noch den Tratsch, der unweigerlich in der durchlaucht-spießigen Hofgesellschaft damit einhergeht. Rasante Parforce-Jagden in England scheut sie ebenso wenig wie die unbarmherzige Hirsch-Hatz in Ungarn auf ihrem heißgeliebten Schloss Gödöllö. Mit der gleichen rücksichtslosen Selbstverständlichkeit verführt sie ihre unbedarfte, im Umgang mit Pferden talentierte Nichte Marie Wallersee zu allerlei Unfug, sodass das junge Mädchen zu einem Spielball der Wünsche der vielbewunderten Tante wird. Denn für die jugendliche Marie geht mit der Einladung Sisis nach Gödöllo ein Traum in Erfüllung: jeder Tag ist von früh bis spät Jagdreiten und Pferdetraining gewidmet, und die Abende sind mit festlichen Empfängen in illustrer Gesellschaft ausgefüllt - dies kommt der begabten, aber unter der niederen Herkunft ihrer Mutter leidenden Marie nur gerade recht. Die aufmerksame Zuwendung und Fürsorge der Kaiserin, die in Marie eine Art verjüngtes Mini-Me zu sehen scheint, hat jedoch seinen Preis…
Ein wunderbarer, an zeitgenössischen Quellen detailliert recherchierter Roman, der selbst allen, denen die herkömmliche Sisi nur ein Gähnen entlockte, dieser eher unbekannten, unbändigen Seite der freiheitsliebenden Kaiserin Respekt abringen wird. Denn Duve offenbart uns eine wahre Hippomanin, die todesmutig weder Schmutz noch Sturz fürchtet.
Nicht nur, aber besonders empfehlenswert für alle Pferdebegeisterten sowie natürlich alle historisch Interessierten, die einen Blick hinter die Kulissen des überfrachteten Sisi-Mythos werfen möchten.
Ein Tipp von Ann-Kristin Kemna