Aschrottbrunnen

An die Stelle des Geschenks des jüdischen Kaufmanns Siegmund Aschrott an seine Heimatstadt Kassel ist heute ein mahnendes Kunstwerk getreten: der heutige Aschrottbrunnen geht in die Tiefe und erinnert an die dunkle Vergangenheit der Stadt.

Der Aschrottbrunnen vorm Rathaus

Negativ-Form in eine dunkle Vergangenheit

Als "offene, nicht heilende Wunde" ist der Aschrottbrunnen von Dr. Horst Hoheisel heute ein Ort der Erinnerung inmitten der Stadt. 1908 erbaute der Rathausarchitekt Karl Roth vor dem Rathaus einen zwölf Meter hohen Brunnen. Er wurde von Sigmund Aschrott, einem erfolgreichen Kasseler Unternehmer aus deutsch-jüdischer Familie, der Stadt Kassel anlässlich des damaligen Rathausneubaus gestiftet.


Der historische Aschrottbrunnen

Der Aschrottbrunnen - vom Schmuckstück zum Mahnmal

Am 9. April 1939 wurde die Brunnenanlage, diffamiert als "Judenbrunnen", durch nationalsozialistische Aktivisten zerstört. Kurz darauf ließ die Stadtverwaltung den Brunnen bis auf seine Sandsteinfassung abtragen.  Nach dem Krieg wurde das Brunnenbecken zum Blumenbeet und Springbrunnen umgenutzt.

Im Jahr 1987 baute Dr. Horst Hoheisel die Pyramidenskulptur im Auftrag der Stadt Kassel nach und versenkte sie während der documenta 8 als verlorene Form spiegelbildlich in den Rathausvorplatz. So wurde die Pyramide zum Trichter, in den das Brunnenwasser geräuschvoll hinabstürzt. Horst Hoheisel betont die Bedeutung des Betrachters: "An dem Ort, wo einmal etwas war, kann ich den Verlust nur noch durch die Leere spürbar machen. Das eigentliche Denkmal ist der Passant, der auf dem Brunnen steht und darüber nachdenkt, weshalb hier etwas verlorenging." Der in den Boden versenkte Aschrottbrunnen soll als offene Wunde der Stadtgeschichte an erlittenes Unrecht erinnern und Mahnung sein.
 


Modell des Kunstwerkes bei einer Ausstellung im Rathaus

Horst Hoheisels Negativform des Aschrottbrunnens, 1987 eingeweiht, wurde 2012 zum Kunstwerk der dOCUMENTA (13) und stand damit erneut im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. 

Das Modell, die dazugehörigen Zeichnungen und Fotografien waren bereits im Jewish Museum in New York ausgestellt. 1998 wurde die Arbeit in die Kunstsammlung der Gedenkstätte Yad Vashem, Jerusalem, aufgenommen, eine besondere Würdigung für einen Künstler aus Deutschland.